im dreieck von wissenschaft, technologie und kunst

 

das pittoreske sei mehr oder weniger durch das mathematische ersetzt, hat mondrian gesagt und damit die richtung der abstrakt-konkreten kunst gewiesen, die bis heute in unterschiedlicher weise diesen weg fortsetzt. der schnitt zur traditionellen kunst war radikaler als der des kubismus. auch wenn der letztere ergebnisse wissenschaftlicher untersuchungen - z. b, die reliefperspektiven - in seine kunst integrierte, so waren mit dem "wissenschaftlichen kubismus', von dem apollinaire sprach, nicht mathematik, sondern erkenntnistheorie und psychologie (der wahrnehmung) gemeint. die konstruktiv-konkrete kunst geht darüber hinaus, ohne die entwicklung des kubismus zu ignorieren oder gering zu schätzen. der kubismus war ein erster anfang, der wissenschaft, wo er ihr begegnete, allein unter künstlerischen aspekten wahrnahm. die konstruktiv-konkrete kunst hat der wissenschaft ihren eigenwert gelassen und nach formen der synthese zwischen kunst und wissenschaft gesucht. wenn die konstruktiven und konkreten über systeme, serien usw. nachdenken, so haben sie wissenschaftliche prinzipien und denkweisen im blick, aber sind sich gleichzeitig immer auch der subjektiven dimension jeder wissenschaftlichen aussage bewußt. gerade diese ist deren künstlerisches potential, das sie aktivieren wollen.

auch wenn mondrian vom mathematischen spricht, so ist nicht die reine mathematik, sondern das prinzip gemeint, die suche nach "objektiven gestaltmöglichkeiten", von denen max bill jahre später schreibt und erläutert: "die mathematische denkweise in der heutigen kunst ist nicht die mathematik selbst, ja sie bedient sich vielleicht kaum dessen, was man unter exakter mathematik versteht. sie ist vielmehr die anwendung logischer denkvorgänge zur gestaltung von rhythmen und beziehungen, von gesetzen, die individuellen ursprung haben, genau so, wie andererseits auch die mathematik ihren ursprung hat im individuellen denken der bahnbrechenden mathematiker." der schritt von dort bis zu heutigen konstruktivistischen vorstellungen, wie sie sich aus einem zusammengehen von biologie und erkenntnistheorie, von sozial- und naturwissenschaften aufbauen, ist nicht so groß, wie es mancher postmoderne apologet gerne glauben machen möchte. es geht um wirklichkeit als konstruktion, als individuelle erfindung, nicht um realität als objektive vorgabe. aber diese konstruktionen sind keine autistischen. über ihre gesetzmäßigkeiten gibt es verständigungen mit anderen. je größer die gemeinsamkeiten bzw. ähnlichkeiten in den strukturen, um so leichter die verständigung. und - die weiterleitung ist notwendig: je höher die standardisierung, desto mehr individualität läßt sich auch zurückholen.

angesichts der ungebrochenen aktualität sowohl des konstruktivismus wie auch der seinem denken verwandten konkreten kunst muß man sich wundern, wie klein der kreis derjenigen geworden ist, die sich damit auseinandersetzen, obwohl die symbiose zwischen rationalität, erkenntnistheorie, wissenschaft und individueller ausdeutung eine lange tradition in der kunst hat. zweifellos hat das seit jahren gebrochene verhältnis zur aufklärung und im gefolge das mißtrauen gegenüber den wissenschaften dazu beigetragen und die flucht in die befindlichkeit gefördert. und auch die von der konstruktiv-konkreten kunst geforderte intellektuelle anstrengung läßt viele zurückweichen; diese kunst jedenfalls ist nicht durch "den bauch" zu verdauen, sondern verlangt zur sinnlichen offenheit ein hohes maß an reflexion und tätige mitarbeit des betrachters, der die vorgegebenen strukturen, die systeme und ihre künstlerische transformation mit den eigenen erfahrungen und konstruktionen vergleichen und in beziehung setzen soll.

indem wir von vorstellungen und Leistungen der konstruktiv-konkreten kunst reden, sprechen wir von den arbeiten edgar knoops. seine wurzeln sind dort zu finden, ihre koordinaten bestimmen sein arbeitsfeld. und dieses ist angesiedelt im dreieck zwischen wissenschaft, technologie und kunst. knoop ist wissenschaftler und analytiker, forscher und interpret, experimentator und techniker und er ist dieses alles, weil er sich zunächst und vor allem als künstler begreift. der wissenschaftler, analytiker usw. steht nicht im gegensatz zum künstler, sondern schafft die voraussetzungen für eine kunst, die nach allgemeinen wahrnehmungsbedingungen und darauf gründenden "objektiven gestaltungsmöglichkeiten" (bill) sucht, ohne ihre subjektive seite verdrängen zu wollen. tatsächlich schaffen die objektiven gestaltungsmöglichkeiten und ihre empirisch-experimentell wie analytisch-wissenschaftlich gewonnenen grundlagen erst die voraussetzung für eine allgemeine verständigung über die jeweiligen subjektiven aspekte dieser kunst und ihren möglichen gewinn für den betrachter.

kubismus, konstruktivismus, de stijl, das bauhaus, abstraction-création sind die klassischen quellen für edgar knoop, die lehrer und vorbilder dann in der nachkriegszeit vor allem einige künstler der pariser galerie denise rené, insbesondere dewasne, vasarely und deyrolle, mit dem er eine weile zusammengearbeitet hat. knoops thema und sujet ist licht und farbe, raum und bewegung, genauer eingekreist: die raumschaffende, raumdifferenzierende wirkung von farbe und die imagination von bewegung, die farben in unterschiedlichen konstellationen zueinander auslösen, sowie die zeit, die darin eingeschlossen ist. der künstler knoop ist zunächst farbtheoretiker, der dieses fach als hochschullehrer erforscht und lehrt. aber man kann die theorie nicht von der künstlerischen praxis trennen, denn wiewohl sie in langen, intensiven, wissenschaftlichen untersuchungsreihen die grundlage seiner kunst bildet, ist diese kunst gleichzeitig auch die tatsächliche substanz seiner theorie, in der erfahrung nämlich, daß mögliche definitionen nicht ergebnisse festhalten, sondern potentiale beschreiben. in ihnen kumulieren unterschiedliche aspekte des phänomens farbe und licht, physikalische, physiologische, psychologische usw.

in der frage noch der farbe berühren sich unterschiedliche denkzusammenhänge und erfahrungsweisen, alle für sich gleichermaßen stimmig, ohne jedes für sich allein hinlänglich zu sein. farbe ist gegenstand rationaler forschung, aber nicht deren ausdruck. es geht, wie der maler raimund girke das einmal formuliert hat, "immer etwas darüber hinaus". der künstler knoop erfährt in der anschauung, was den theoretiker an einer umfassenden, abschließenden definition in einem streng naturwissenschaftlichen sinne hindert : „die tatsache, daß farbe vom auge bewertete elektromagnetische strahlung ist, muß jeden versuch, ihr sein nur auf physikalischer grundlage bestimmen zu wollen, einseitig und fragwürdig erscheinen lassen. als gesichtsempfindung zeige farbe dagegen qualitäten, die ausschließlich psychologischen ursprungs seien und dennoch das phänomen farbe umfassend beschreiben. psychologische begriffe wie "nohe" und "ferne", "leichte" und "schwere", "kalte" und "warme" farben entziehen sich zwar weitgehend einer exakten bemessung, doch zeugen sie deshalb nicht von geringerer farbwirklichkeit".

mit solchen begriffen gehen wir täglich um, wenn wir von farbe sprechen, für künstler, aber auch für die kunstgeschichte und -kritik sind sie selbstverständlich. und doch zeigt sich - wie knoop deutlich macht - daß solche bestimmungen ambivalent sind, mehrdeutig, daß sie jedenfalls nicht eine eindeutige qualität der jeweiligen farben ausmachen, sondern meistens farbverhältnisse beschreiben, wie eine farbe sich zur anderen positioniert, wie farben miteinander agieren, andere überstrahlen oder sich zurücksetzen lassen. so ist das leichte nur im vergleich zum schweren als leicht auszumachen, das nahe nur nah in bezug zum fernen.

aus dieser erfahrung hat die malerei ihre imaginären bildräume aufgebaut, wobei farbe meist multifunktional auftritt, z.b. eingebunden in formen und diese kennzeichnend oder stimmung und raum schaffend und als kompositionsgrundlage. den konkreten künstler knoop dagegen interessiert farbe als gegenstand ihrer selbst, und auch da in einer ihrer grundlegenden, spezifischen fähigkeiten, nämlich wie sie sich im wörtlichen sinne profiliert, d, h. wie die eine sich von der anderen qualitativ absetzt und wie sie dabei farbraum schafft. den konstruktiven künstler beschäftigt die frage, dafür eine adäquate materialisation zu finden, eine der einsicht wie der erscheinung gleichermaßen entsprechende eigene wirklichkeit zu konstruieren. in den 60er jahren - es ist die zeit von kinetik und opart, deren tendenz zum design und deren problemfreies spiel mit optischen effekten, hat edgar knoop kaum berührt - entwickelt er seine farbraummodelle, für die er den vielfach zutreffenden begriff "farbprofile" findet. sie basieren auf untersuchungen zur - auch eine neuer begriff - "farbhöhe", die sich aus farbhelligkeit und farbsättigung ergibt und - auf eine gemeinsame nullebene bezogen - die unterschiedlichen abstände, eben höhen, der einzelnen farben zu dieser basis bestimmen. knoop hat die höhe wörtlich und materiell genommen, indem er sie durch acrylrundstäbe festlegt, auf deren enden die farben als farbpunkte aufgetragen erscheinen. sie markieren aus einem bestimmten blickwinkel sichtlich den endpunkt der rundstäbe und scheinen doch zugleich frei zu schwimmen. sie sind sichtlich farbliche materialisation und zugleich auch deren ständige aufhebung als erscheinung des raumes; denn eben darauf zielen diese farbprofile ab, daß sie primär die verstofflichung (materialisation) des farbraumes selbst zum thema haben.

 

zylinderobjekt1     zylinderobjekt2

farbprofil, zylinderobjekt, 1972


was auf der ebene der malerei nur als imagination erfahrbar ist, wird hier realität mit der tendenz, sich ständig in ihr gegenteil zu verwandeln. der träger plexiglas ist eindeutige, plastische form und zugleich doch wiederum so durchsichtig, als sei er am rande des verschwindens. die zur nullbasis unterschiedlich ab- und hoch stehenden farben schaffen ein farbraumprofil, das einerseits durch die träger und farbmaterialität dem raum eine plastische gestalt geben und ihn andererseits durch unterschiedliche höhen so in bewegung setzen, daß er sich zu entmaterialisieren scheint.

die farben stehen und schwimmen, sie setzen sich voneinander ab und wachsen doch zu einer "homogenen farbräumlichkeit" (eugen gomringer) zusammen. sie sind durch die plexiglasstäbe fixiert und produzieren doch eine bewegung, die vom auge als eigentliches raumereignis wahrgenommen wird, ohne daß sie eindeutig zu fixieren wäre. diese imaginäe bewegung setzt schließlich auch den faktor zeit frei, läßt die farbprofile einmal als objekte, dann aber auch als verlaufsformen des raumes wahrnehmen. sie sind beides zugleich, wobei die verlaufsform keine geradlinige mit einem denkbaren endpunkt ist, sondern eine komplizierte bewegung des an- und abschwellens, das sanfte wellen einer reliefoberfläche, die sich ständig dem raum öffnet, besser: sich in raum verwandelt und dennoch stets auch sie selbst bleibt.

knoops "farbprofile", mit denen er sich viele jahre beschäftigt hat, ohne sich schließlich in eine spezialität zu flüchten, waren von beginn an beides, raummodelle und plastiken. häufig wird das unterstrichen durch einen durchsichtigen kasten aus plexiglas, den knoop um seine profile baut. auf diese weise schafft er dem modell deutlich seinen von anderen abgegrenzten eigenen ereignisraum, der allerdings durchsichtig ist und sich auf diese weise dem größeren umgebenden raum zugleich auch öffnet. zugleich aber betont er auf diese weise auch die plastische qualität des modells. architektur und objekt sind nicht mehr eindeutig voneinander zu unterscheiden. sie sind ein ereignis der farbe und werden durch sie bestimmt, aber ohne sie als träger und ort könnte farbe nicht sein.

raum und objekt als erscheinungen von farbe bleiben im mittelpunkt von knoops werk, das sich stetig ausgeweitet hat und sein zentrales thema in vielfältigen bereichen artikuliert. diese vielfalt in der konzentration rühmte auch christian w. thomsen, der in bezug auf eine in siegen gezeigte retrospektive schrieb: "edgar knoops siegener ausstellung präsentiert einen querschnitt durch gut zwei jahrzehnte künstlerischen schaffens, zeigt ein breites spektrum an themen, materialien, experimenten, es reicht von den farbprofilen der 60er und 70er jahre zu den neonobjekten, jazzphotographics, wandteppichen, stelen und lichtkinetischen collagen der frühen, mittleren und späten 80er jahre. sucht man einen gemeinsamen nenner, so ergibt sich ein thematisches, theoretisches und praxisbezogenes spannungsdreieck von licht, farbe und architekturalem raum." der schritt von den farbraummodellen zu großdimensionierten arbeiten im innen- und außenraum war ein konsequenter und folgerichtiger (insbesondere die außenarbeiten werden an anderer stelle dieses katologes ausführlich gewürdigt.) die farbe spielt dabei stets eine zentrale rolle, sei es nun in installationen bzw. neonobjekten oder in den lichtstelen, mit denen edgar knoop den problemkreis bewegung und ruhe, ortsbestimmung und raumverweis, vielfalt und simplizität erforscht. die neonobjekte aus der wende von den 70er zu den 80er jahren bedeuten nicht nur die akzentuierung des lichtphänomens fabe, sondern betonen auch knoops großes interesse an symbiosen zwischen technischer sprache und künstlerischen aspekten. die rationalität und funktionalität technischer apparaturen sollten bestandteil von objekten sein, deren tatsächliches künstlerisches thema lichtfarbströme in form von neonröhren einmal als grafische zeichen, zugleich aber auch als lichtobjekte und raumwellen war. die technik erscheint hier nicht nur in dienender form, deren funktionieren man verstecken will, sondern sie darf sich als eine eigene gesetzmäßigkeit präsentieren, jedoch zugleich transformiert in einen kontext, der auf die konstruktion und ihr ästhetisches potential, nicht auf effizienz im sinne der warenproduktivität zielt.

zeichen im raum, oder auch zeichen des raumes sind die lichtstelen, die eine klare, äußerst reduzierte formensprache mit lichtkinetischen erscheinungen verbinden und auf diese weise alte erfahrungmuster und gewißheiten in frage stellen bzw. aufheben. nur von ferne erscheinen diese stelen als rein plastische körper, die den raum besetzen bzw. dazu beitragen, verhältnisse wie die von "nah" bzw "fern" zu bestimmen. kommt man den stelen näher, sieht man sie durch kleine spalten nach innen geöffnet. darin eingelassen ist eine spektralreflektierende folie, die das einfallende licht je nach bewegung des betrachters in immer neuen farblichen brechungen und streuungen abstrahlen läßt.

die plastische stele verwandelt sich zugleich zum minimalisierten innenraum. die eindeutige position des plastischen körpers wird durch den wechselnden lichteffekt aus seinem inneren heraus teilweise wieder aufgehoben. es geht nicht um verunsicherung, wohl aber darum, gewißheiten von erfahrungsmustern (stele als signal) in frage zu stellen bzw. sie in einen anderen kontext zu integrieren. "die farbstele", so eugen gomringer, ist gerät farbtheoretischer forschung und zugleich ein technisch-ästhetisches produkt, das der verknüpfung der materiellen kausalen signalwelt mit der ästhetischen funktionalen zeichenwelt wie kaum ein anderes beispiel dient.

innenraum und umraum korrespondieren miteinander, ohne daß man die einzelnen phasen dieses austausches eindeutig fixieren könnte. es geht um bewegung, nicht bloß um nah und fern, sondern unterschiedliche lichteindrücke auslösend - auch um langsam und schnell. auch hier also wieder die integration des zeitlichen moments. der auslöser dafür ist der betrachter selbst. seine beteiligung am ästhetischen prozeß wird so bewußt gemacht. während die kinetik der op-art in ihrem höhepunkt wesentlich dazu tendierte, mit mechanischen hilfen die werke, objekte selbst in bewegung zu setzen und so den betrachten auf einen standpunkt zu fixieren, geht es nicht nur um einen linearen rezeptions-vorgang, sondern um eine nach allen seiten offene rezeptions-bewegung. und er macht zugleich deutlich, daß offenheit als prinzip, was die informellen sich nur als radikale absage an form vorstellen konnten, durchaus an form gebunden sein kann. edgar knoop geht es bei seinem thema licht, farbe, raum und bewegung auch vor allem darum, die vielfältigen ästhetischen weiterungen und konsequenzen von prinzipiell rationalen formen und farbbestimmungen in immer neuen künstlerischen anordnungen und experimentell sichtbar zu machen. das ist weder ein illustratives noch ein didaktisches problem, weil - s. o. - die theorie nur bedingt vordenken kann, nicht aber ergebnisse schon vorab so formulieren, daß es nur noch nachvollzogen werden muß. die kunst im dreieck zwischen wissenschaft und technik hält offen, was in den beiden anderen bereichen unausweichlich nur so oder so folgerichtig erscheint. die "lichtkinetischen collagen" der 90er jahre nehmen den raum der lichtstelen zurück in die ebene des bildes, ohne sich damit tatsächlich vom raum zu verabschieden; denn farbe und licht werden bei knoop immer als raumbildende elemente begriffen und eingesetzt, sei es im realen raum wie bei den stelen oder im imaginären bei den collagen: auf dem bildgrund, einem karton z.B. wird eine lichtbrechende folie aufgebracht und über diese farbige bzw. nichtfarbige streifen in engem abstand zueinander geklebt, in einer neueren serie von arbeiten auch mit flüssigem tipex gemalt bzw. ausgezogen. die streifen können die ganze bildfläche bedecken oder einfache geometrische formen innerhalb einer größeren fläche ausbilden.

obwohl sichtlich der fläche zugehörig, schaffen die streifen z. b. durch gegeneinander geführte bzw. einander scheinbar überlagernde linien ansätze von raummodellen. diese werden an den jeweiligen schnittpunkten - schmale, präzise spalten zwischen den einzelnen streifen - von licht durchbrochen, bestrahlt, das aufgrund der brechung je nach standort des betrachters in unterschiedlichen farben aufleuchtet. häufig scheint es so, als schwömmen die streifengitter auf einem sphärischen bildgrund, dann wiederum erwirkt nur eine kleine bewegung des betrachters, daß die oberfläche als materiale dominiert, nur ansatzweise durchblitzt von einem kleinen lichtreflex, und schließlich, wenn man langsam vorbeigeht, beginnen lichtreflexe und streifen miteinander zu kommunizieren, geraten in eine imaginäre auf- und abschwellende bewegung und verwandeln das feste gefüge in eine serielle, von farblichtblitzen durchbrochene, geöffnete formfarbstruktur.

die kunst fordert den betrachter heraus, sich an ihrer verwirklichung aktiv zu beteiligen. der ästhetische reiz allein wird ihn verführen, aber wohl auch der leise, letzte abglanz des numinosen, der sich für uns noch immer an licht und farbe heftet. knoops arbeiten haben stets rationale formen und maße und bauen auf rationalen erkenntnissen, aber sie begnügen sich weder mit dem ästhetischen effekt des spielerischen noch des bloß schönen. indem sie raum durch licht und farbe schaffen, entgrenzen sie ihn zugleich auch immer wieder, erheben das sphärische über das materiale, ohne dieses zu unterschlagen, und aktivieren die subjektiven anstrengungen des betrachters in richtung auf den mehrwertverbund von kunst, wissenschaft und technik, auf fragen "z. b. wie unsichtbares darstellbar wird, wie sich technisch richtiges und ästhetisch notwendiges zueinander verhalten etc.". das künstlerische experimentierfeld ist, wie schon angesprochen, weitaus größer als hier beschrieben, aber im prinzip immer wieder auf das zentrale thema von licht und farbe, raum und bewegung zurückzuführen - und diese stets verstanden in ihrer ambivalenz von einerseits rationalen bedingungen und gegebenheiten und andererseits subjektiver rezeption und ausdeutung: die welt als konstrukt und doch unauslotbar, unerschöpflich, nie letztgültig zu fixieren. edgar knoop liefert dafür ausgewählte beispiele anhand künstlerischer modelle.

 

lothar romain
ehem.präsident der hdk berlin, 1995

 

 

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